
Lela Ahmadzai – Highway of Conquest
Der Bundeswehr-Abzug läuft auf Hochtouren und wird gleichzeitig umstritten diskutiert, die afghanischen Präsidentschaftswahlen stehen unmittelbar bevor: Die Ausstellung „Highway of Conquest“ von Lela Ahmadzai könnte kaum aktueller sein.
Zu sehen sein werden gleich drei mehrfach ausgezeichnete Reportagen, darunter auch „Die Ersten auf dem Platz“. In der Fotoreportage und Videodokumentation, für die Ahmadzai unter anderem für den Deutschen Reporterpreis 2011 nominiert wurde, wurde das Leben der afghanischen Frauenfußball-Nationalmannschaft über mehrere Jahre begleitet. Die freie Entwicklung der Frauen ist, auch heute noch, auf vielen gesellschaftlichen Ebenen eingeschränkt. Das Fußballspielen trägt dazu bei, eine Verbindung zur Erhaltung von Selbstwertgefühl und neuer Lebensqualität herzustellen. Die Spielerinnen trainierten auf dem Militärcamp der ISAF in Kabul, wurden kontinuierlich von Sicherheitskräften beschützt. Die Angst vor Anschlägen – sie war stets präsent. Eine Unterbrechung des Trainingsbetriebs aufgrund von Militärhubschraubereinsätzen auf dem Fußballplatz: Für die Nationalspielerinnen war es Alltag.
In Zusammenarbeit mit dem Goethe- Institut Brasilien ist die Reportage gleichzeitig in einer Ausstellung zu sehen, die parallel durch Südamerika tourt. Die Webdokumentation „Stille Nacht“ berichtet in Form von Foto und Video über eines der schwersten Kriegsverbrechen des Afghanistan-Konflikts: Das Massaker von Kandahar. Am 11. März 2012 tötete der US-Staff Sergeant Robert Balles in drei Dörfern rund um den Militärstützpunkt Camp Belambay in Kandahar 16 Menschen (darunter neun Kinder und drei Frauen), weitere sechs wurden verletzt. Die Journalistin und Autorin Ahmadzai, die unter anderem schon für die LA Times und den Spiegel tätig war, reiste in das Gebiet und sprach mit Überlebenden. Für die Reportage wurde sie für den Deutschen Reporterpreis 2013 in der Kategorie „Beste Webreportage“ nominiert. Das Magazin „Journalist“ wertete sie als eine der zwölf besten Multimediareportagen des Jahres 2013. Hauptbestandteil und gleichzeitig Namensgeber der Ausstellung ist „Highway of Conquest“ („Straße der Eroberung“).
Entfernt vom Krieg und Durcheinander in Afghanistan, entfernt aus der Höhe – Ahmadzai hat einen fotografischen Blick auf die Geographie des Landes geworfen, sie in beeindruckenden Luftaufnahmen festgehalten. Vereiste Bergketten, kleine Siedlungen, versteckte Gebäudekomplexe: Die Gegend rund um die dreieinhalb Millionen Einwohner fassende Metropole Kabul birgt facettenreiche, unerwartete und atemberaubende Eindrücke. Die Landschaft um große, wirre Bergketten – seit Jahrtausenden hat sie den Erfolg der jeweiligen Besatzer maßgeblich beeinflusst, und verändert. Auch Regierungsgegner haben die Vorteile schon immer genutzt, die Mujahedin und auch die Taliban versteckten sich gerne in den Bergen – planten dort ihre Kämpfe. „Neben den sich teilweise überschneidenden Konflikten spielt die geographische Lage eine große Rolle, kommentiert Ahmadzai. „Egal, wie die Kriege in Afghanistan ausgehen: Die Berge werden es überleben.“
„Die Ausstellung von Lela Ahmadzai ist eine große Bereicherung für die Galerie“, freut sich Philip Pohl, der die Galerie gemeinsam mit Hans-Joachim Helweg betreibt. „Mit der Multimedia- Journalistin haben wir einen international beachteten Akteur zu Gast“, ergänzt Pohl. Die Ausstellung fungiert zugleich als „Reopening“ für Hugo 45, denn in den vergangenen Wochen wurde sie umfangreich umgebaut, Räumlichkeiten und Strukturen wurden optimiert. „Die Galerie ist cooler und professioneller geworden“, so der Betreiber!